Neulich beim Tierarzt:
Tierarzthelferin: „Frau Bonholt, Sie müssen mir bitte noch unterschreiben, dass Ihr Kaninchen nicht zum Verzehr bestimmt ist.“
Ich: „…!?“
Tierarzthelferin: „Ja. Besitzer von Kaninchen und Pferden müssen uns unterschreiben, dass ihre Tiere nicht zum Verzehr bestimmt sind.“
Ich: „Ähm, okay. Das musste ich zwar noch nie unterschreiben, aber nein, Frodo ist nicht zum Verzehr gedacht. Das unterschreibe ich Ihnen gerne.“
Tierarzthelferin: „Wenn Sie unterschreiben, gilt das aber auch, wenn Sie das Kaninchen mal verkaufen sollten.“
Ich gebe zu, ich war verwirrt: Frodo ist jetzt etwa sechs Jahre alt und noch nie hat mich jemand gebeten, zu unterzeichnen, dass ich ihn nicht in schlechten Zeiten vielleicht doch lecker gegart zu mir nehmen möchte.
Aber was genau habe ich eigentlich unterschrieben?
Tierhaltererklärung (Kaninchen)
Im Wortlaut steht in der Tierhaltererklärung zur Zweckbestimmung von Kaninchen folgendes:
„Hiermit erkläre ich, dass mein Kaninchen <Tiername>, <Geschlecht>, <Alter>, <Farbe>, <ggfs. Rasse>, <ggfs. Transponder-Nr.> nicht der Lebensmittelgewinnung dient und nicht der Lebensmittelgewinnung zugeführt wird. Mir ist bekannt, dass eine Verwendung des o. g. Tieres zur Gewinnung von Lebensmitteln einen Verstoß gegen das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz darstellt und als Straftat geahndet werden kann.
Im Falle der Veräußerung des Tieres verpflichte ich mich, den Erwerber auf diese Erklärung hinzuweisen, insbesondere den Tatbestand, dass das Tier aus arznei- und lebensmittelrechtlichen Gründen nicht der Lebensmittelgewinnung zugeführt werden kann. Vorstehende Erklärung ist unwiderruflich.“
Aha. Es geht dabei also gar nicht um das Wohl meines Zwergkaninchens. Nein, es geht vielmehr darum, welche Medikamente verabreicht werden dürfen. Neben dem Wohl des Tieres muss natürlich die Sicherheit des Menschen bedacht werden. Denn der eine mag Kaninchen vielleicht als Haustier, während der andere es serviert in Orangensauce bevorzugt. Denn ob es einem gefällt oder nicht: Kaninchen zählen eben leider zu den Lebensmittel liefernden Tieren.
Was sind Lebensmittel liefernde Tiere?
Wie der Name erahnen lässt, sind Lebensmittel liefernde Tiere Tiere, die Produkte liefern, die für die menschliche Ernährung gedacht sind. Das Prädikat Lebensmittel liefernd definiert sich durch die Zugehörigkeit zu einer Tierart. So kann zum Beispiel ein Besitzer von Schweinen oder Kühen die Zweckbestimmung seiner Tiere nicht bestimmen, da diese Tierarten grundsätzlich zur Lebensmittelgewinnung herangezogen werden können. Dies gilt übrigens auch für die als Heimtier beliebten Minischweine (Minipigs), weil sie zur Tierart „Schwein“ zählen.
Entsprechend dieser Zuordnung von Kaninchen müssen sich Tierärzte bei der medizinischen Behandlung der Tiere an die Richtlinien der Europäischen Kommission für die Anwendung von Medikamenten bei Lebensmittel liefernden Tieren halten. Dies schränkt die Anwendung von Medikamenten natürlich deutlich ein. Unterschreibt der Kaninchenhalter nun besagte Tierhaltererklärung, umgeht man die Richtlinien und das Kaninchen kann so behandelt werden, wie es zum Wohl des Tieres am besten ist.
Diese gesetzliche Ausnahme gilt übrigens auch für Pferde und Brieftauben.
Weitere interessante Informationen zu diesem Thema gibt es übrigens beim Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.
Bildquelle: ©Andreas Krautzberger