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Am 11. Oktober 2012 fand eine Protestkundgebung des Tierschutzvereins München zum Thema Verbandsklagerecht am Odeonsplatz statt. Wir waren dabei! Im Folgenden möchten wir kurz erläutern, warum ein Klagerecht für Tierschutzverbände so wichtig ist und was die Politiker unterschiedlicher Parteien zu dem Thema sagen.

Verbandsklagerecht im Tierschutz: Warum?

Seit 2002 ist der Tierschutz im Grundgesetz verankert. So heißt es in Artikel 20a:

„Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“
(Quelle: http://dejure.org/gesetze/GG/20a.html)

Zudem gibt es bereits seit dem Jahr 1972 ein eigenes Tierschutzgesetz, das bundesweite Anwendung findet. Zum Tierschutzgesetz.

Entsprechend sind Behörden, Gerichte und Staatsanwaltschaften verpflichtet, die Rechte der Tiere zu wahren. Diese Verpflichtung ist aber für Tierschutzorganisationen nicht überprüfbar und auch nicht juristisch beeinflussbar. Ergo: Tritt ein Verstoß gegen den Tierschutz auf, kann eine Tierschutzorganisation mangels eigener Betroffenheit nicht wirksam dagegen vorgehen. So gibt es immer noch Probleme damit, dass Tierschutz tatsächlich eingehalten wird: Schlachtung von Nutztieren ohne Betäubung, lange und zusammengepferchte Tiertransporte, Tötung von männlichen Küken, Kürzung von Schnäbeln, unzumutbare Haltungsbedingungen und vieles mehr.

Tierschutzorganisationen werden zu solchen Vorfällen zwar angehört, aber sie haben ansonsten keinerlei Einflussmöglichkeit und können so entsprechend wenig ändern. Ein Verbandsklagerecht, das Naturschutzverbänden längst zugestanden ist, kann Abhilfe schaffen.

Was versteht man aber eigentlich genau unter einem Verbandsklagerecht?

„Als Verbandsklage wird die Klage von Vereinen oder Verbänden bezeichnet, mit der diese nicht die Verletzung eigener Rechte geltend machen, sondern die der Allgemeinheit.“ (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Verbandsklagerecht)
Entsprechend könnten Tierschutzorganisationen aktiv für die Rechte von Tieren eintreten. Denn diese können sich nicht selbst einen Anwalt nehmen, der für sie spricht und ihre Rechte einfordert.

Und was sagt die Politik zum Verbandsklagerecht?

Meine lieben Leserinnen und Leser … Achtung, jetzt wird es politisch! Denn letztlich hängt die Entscheidung für oder gegen ein Verbandsklagerecht von den politisch Verantwortlichen ab. Daher war es für uns sehr interessant auf der Protestveranstaltung Politiker zu hören, die für ihre Partei Stellung zum Thema Tierschutz und Verbandsklagerecht beziehen.

1. Andreas Lorenz von der CSU

Man könnte den Auftritt von Andreas Lorenz als mutig bezeichnen. Er stellte sich vor die Tierschützer und  sprach sich im Namen seiner Partei gegen ein Verbandsklagerecht für den Tierschutz aus. Immerhin gäbe es in Bayern schon sehr hohe Tierschutzstandards. Ein Verbandsklagerecht wäre „kein Mehr an Tierschutz, sondern ein Mehr an Bürokratie“. Denn die CSU rechnet mit einer enormen Klagewelle wenn es zu einem Verbandsklagerecht für Tierschutzorganisationen gäbe. Der Auftritt von Herrn Lorenz war kurz und deutlich. Unter lauten Buh-Rufen der Anwesenden verließ der CSU-Vertreter die Bühne. Schade um die Wählerstimmen … Denn der Tenor ist deutlich, eine Frau vor mir ruft aus: „Ja, dann wählen wir Euch halt nicht!“

Was bleibt, ist die Frage von Kurt Perlinger (Vorsitzender Tierschutzverein München e.V.): Was passiert aber wenn die hoch gelobten Tierschutzstandards den wirtschaftlichen Interessen entgegen stehen? Die Antwort kann sich jeder selbst zusammen reimen. Umso wichtiger, dass es eine unabhängige Stelle gibt, die dann entscheidet.

2. Markus Rinderspacher von der SPD

Landtagswahl ich hör dir trapsen… Denn Herr Rinderspacher von der SPD macht klar: Ein Verbandsklagerecht wird nur kommen, wenn sich die Mehrheiten ändern. Aber die SPD steht an der Tierschutzseite und man habe bereits einen Antrag für ein Tierschutz-Verbandsklagerecht eingereicht, der aber abgelehnt wurde. Es könne nicht sein, dass immer wieder massiv gegen den Tierschutz verstoßen wird. Seit 2007 gibt es bereits ein Verbandsklagerecht im Bundesland Bremen und man habe gute Erfahrungen damit gemacht. Um die befürchtete Klageflut abzuwenden, wäre die SPD dafür, dass ein Verbandsklagerecht den vier großen Tierschutzorganisationen in Bayern zugesprochen wird.

3. Christian Magerl von den Grünen

Nicht überraschend ist, dass die Grünen das Verbandsklagerecht für den Tierschutz unterstützt. Herr Magerl betont, dass seine Partei einen entsprechenden Gesetzesentwurf einreichen und zur Abstimmung bringen wird. Er erinnert sich zurück an die Einführung des Verbandsklagerechts für den Naturschutz. Auch gab es im Vorfeld Stimmen, die dagegen waren, die eine Totalblockade für Deutschland fürchteten. Dennoch wurde das Verbandsklagerecht im Jahr 2002 eingeführt und man lebe seit mittlerweile zehn Jahren sehr gut damit. Auch ein Verbandsklagerecht für den Tierschutz würde sich bewähren, da ist sich Magerl sicher.

4. Tobias Thalhammer von der FTP

Die FTP sieht ein Verbandsklagerecht für den Tierschutz nicht so kritisch wie die CSU. Man verstehe die Horrorszenarien nicht, die an die Wand gemalt werden, erklärt Tobias Thalhammer. Man glaube auch nicht, dass es zu einer Klageflut käme und hätte somit auch nichts gegen ein Verbandsklagerecht. Denn: „Zur Wahrung der Schöpfung gehöre auch die Bewahrung der Mitgeschöpfe.“

Hört sich gut an, klingt für mich leider nur bedingt glaubwürdig. Inwieweit die FTP aber Wort halten wird, wird sich bei der Abstimmung über ein Verbandsklagerecht zeigen.

5. Horst Wester von der Partei Mensch, Umwelt Tierschutz

Es liegt auf der Hand, dass eine Partei, die sich „Partei Mensch Umwelt Tierschutz“ nennt, nach eigener Aussage hundertprozentig hinter dem Verbandsklagerecht steht. Es könne nicht sein, dass „Tiernutzer“ vor Gericht ziehen können, um zum Beispiel gegen Tierschutzauflagen zu klagen. Die Seite der Tierschützer habe aber aktuell keine Möglichkeit für die Rechte der Tiere zu klagen.

Weitere Informationen zum Thema Verbandsklagerecht für den Tierschutz finden Sie hier: Tierschutzverein München.

Impressionen von der Protestkundgebung

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Ich bin Nicole. Bei revvet.de schreibe ich über unsere Mitbewohner auf vier Pfoten: Die beiden Katzen Shiva & Mogli und Zwergkaninchen Frodo. Was auch immer mir im Zusammenleben mit unseren Tieren interessant erscheint, findet hier seinen Platz. Kontakt über G+
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