Die gesunde Ernährung eines Kaninchens ist gar nicht so einfach. Das liegt nicht daran, dass die Bedürfnisse und Vorlieben der Tiere so kompliziert sind. Es ist eher so, dass der Handel uns beeinflusst. In der Flut der Futterprodukte wird uns suggeriert, was das Kaninchen braucht. Als liebevolle Tierhalter greifen wir zu. So landen oftmals Futtermischungen im Napf des Tieres, die nicht nur unnötig sondern auch ungesund sind. Wir haben uns anfangs auch davon beeinflussen lassen und den Futterversprechen geglaubt, ohne sie in Frage zu stellen. Mittlerweile haben wir dazu gelernt und ich möchte gerne unsere Erfahrungen teilen.
Nahrungsaufnahme und Verdauungssystem
Wenn Sie Ihr Kaninchen gesund ernähren möchten, ist es wichtig zu verstehen, wie das Verdauungssystem des Kaninchens funktioniert:
- Das Kaninchen hat scharfe Vorderzähne, die dazu dienen, Nahrung abzubeißen oder abzunagen. Das abgenagte Futter findet seinen Weg zu den Backenzähnen, die es einspeicheln und zermahlen. Die Besonderheit: Die Zähne des Kaninchens wachsen nach und müssen durch den Prozess der Nahrungsaufnahme und -zerkleinerung abgenutzt werden.
- Das gemahlene Futter wandert weiter in den Magen des Kaninchens. Die Magenmuskulatur ist nur schwach ausgeprägt. Dies hat zur Folge, dass Futter nur weitertransportiert werden kann, wenn von oben „nachgestopft“ wird (Stopfmagen).
- Vom Magen geht das Futter weiter in den Darm. Dieser besteht aus Dünn-, Dick- und Blinddarm. Die Besonderheit: Der Blinddarm ist sehr ausgeprägt und füllt etwa ein Drittel des Bauchraums aus. Im Blinddarm des Kaninchens werden die Rohfasern mit Hilfe unterschiedlicher körpereigener Bakterien aufgeschlossen und in ihre Bestandteile zerlegt. Am Ende des Prozesses scheidet das Kaninchen den so genannten Blinddarmkot aus, den es wieder aufnimmt. Der Blinddarmkot enthält lebenswichtige Nährstoffe und Vitamine. Man sollte das Kaninchen folglich auf keinen Fall daran hindern, den Blinddarmkot zu fressen.
Was heißt das für die Ernährung des Kaninchens?
- Die Zähne des Kaninchens wachsen ständig nach. Die Nahrung muss also für einen richtigen Zahnabrieb sorgen.
- Das Kaninchen hat einen Stopfmagen. Damit dieser funktioniert muss das Kaninchen ständig fressen, entsprechend muss auch immer Nahrung zur Verfügung stehen.
- Das Kaninchen hat einen ausgeprägten Blinddarm, indem ein besonderer Gärungsprozess stattfindet: Eine Mikroflora aus Bakterien spaltet die Rohfasern auf.
Achtung: Augen auf bei Fertigfuttermischungen!
Wenn wir uns die Regale im Zoofachhandel anschauen, finden wir Kaninchen-Futtermischungen in allen Variationen. Die Meinungen über diese Mischungen gehen auseinander: Während die Einen meinen, ihrem Liebling etwas Gutes zu tun, schimpfen die Anderen über das ungesunde Futter. Aber wer hat Recht?
Das Problem mit den Fertigfuttermischungen ist einfach: Es ist unnötig. Mit den falschen Inhaltsstoffen ist es zudem ungesund.
Kaninchen-Futtermischungen: Probleme
- Getreide: Häufig finden sich in Futtermischungen für Kaninchen eingefärbte Bäckereierzeugnisse oder auch ungemahlenes Getreide (zum Beispiel Mais). Zwar mögen Kaninchen Getreide, aber von Natur aus fressen sie es nicht. Und das aus gutem Grund: Die enthaltene Stärke ist zu energiereich. Die Folge: Übergewicht und Verfettung. Getreide sorgt nicht für den notwendigen Zahnabrieb. Und oftmals ist das Kaninchen nach dem getreidehaltigen Futter schnell satt und frisst nicht mehr genügend Heu.
- Nüsse: Auch Nüsse und Kerne finden sich häufig in den Futtermischungen. Das freilebende Kaninchen ist ein Pflanzenfresser. Nüsse und Kerne schmecken ihm zwar, aber auch diese sind zu energiereich.
- Zucker: Futtermischungen für Kaninchen enthalten häufig Zucker. Zucker sorgt zwar für eine bessere Akzeptanz des Futters, ist aber ansonsten unnötig und macht die Tiere dick.
- Sonstige Zusatzstoffe: Konservierungsstoffe, Vitamine, Mineralien und Co sind ebenfalls unnötig.
- Getrocknete Kräuter, Obst und Gemüse: In den Futtermischungen sind auch getrocknete Kräuter und ähnliches enthalten. Diese Bestandteile sind prinzipiell in Ordnung, sollten aber nur in Maßen gefüttert werden und ersetzen kein Heu.
Der perfekte Speiseplan: Grundnahrungsmittel Heu
Im Prinzip ist es sehr einfach, ein Kaninchen gesund zu ernähren. Das Grundnahrungsmittel: Heu, Heu und noch mal Heu.
Rufen wir uns noch mal die Besonderheiten des Kaninchens in Erinnerung:
- Nachwachsende Zähne,
- Stopfmagen,
- Besonderer Gärungsprozess im Blinddarm.
Wie hilft Heu beim Verdauungsprozess?
– Heu ist das wichtigste Nahrungsmittel für einen guten Zahnabrieb. Denn hier haben die Kaninchen-Zähne ordentlich was zu tun. Damit es verdaut werden kann, muss es mit den Zähnen gut zermahlen und eingespeichelt werden. Die nachwachsenden Zähne werden so ganz natürlich abgenutzt.
– Heu ist kalorienarm, macht nicht dick und kann immer gefressen werden. Perfekt also für den Stopfmagen der Kaninchen.
– Heu balanciert den Gärungsprozess und sorgt für eine gesunde Darmflora.
Außerdem: Gemüse und Obst
Neben dem Heu gehört Frischfutter in Form von Gemüse und Obst auf den gesunden Speiseplan des Kaninchens. Hier finden Sie eine Übersicht über geeignete Gemüse- und Obstsorten für Kaninchen.
Tipp: Leckereien für zwischendurch
Wenn Sie ihrem Kaninchen zwischendurch eine Leckerei oder eine kulinarische Belohnung geben möchten, greifen Sie zu getrockneten Kräutern, Obst oder ähnlichem. Milchdrops und Getreideerzeugnisse sind nicht zu empfehlen.
Ernährungsumstellung: Es ist nie zu spät für gesunde Ernährung
Wenn Sie die Ernährung Ihres Kaninchens umstellen möchten, sollten Sie dies langsam tun. Der Magen des Kaninchens ist empfindlich und reagiert leicht mit Verdauungsproblemen. Außerdem sind auch Kaninchen Gewohnheitstiere und reagieren leicht beleidigt, wenn das ungesunde „Fast Food“ aus dem Futternapf verschwindet. Erstellen Sie am besten einen Umstellungs-Futterplan und streichen Sie die ungesunden Futtermittel Stück für Stück vom Speiseplan. Wir haben bereits vor einigen Jahren die Zwergkaninchen-Ernährung umgestellt und es funktioniert prima. In diesem Sinne: Viel Erfolg!
Quellen
Monika Wegler: Mein Zwergkaninchen. GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH. 2006