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Mein Kater Mogli und ich waren ein eingespieltes Team: In der Nacht schlief er ausgestreckt auf meinen Beinen oder zusammengerollt neben meinem Kopf. Egal, wohin ich ging – Mogli folgte mir. Hatte ich gute Laune, war der Kater auch gut gelaunt. Bei schlechter Laune hielt man sich besser von unserer Wohnung fern. War ich krank, wurde ich bewacht.

Mogli war der Herr in meiner Zwei-Zimmer-Wohnung. Ein Mann an meiner Seite, der keine Katzen mag – undenkbar. Potentielle Kandidaten wurden von Mogli kritisch beäugt und im Zweifel mit Fauchen und Knurren in die Flucht getrieben. Dann lernte ich Sebastian kennen. Siehe da: Er betrat die Wohnung, wurde kurz begutachtet und mit einem Satz saß mein Kater auf Sebastians Schulter. Schnurrend schmuste er das Gesicht seines männlichen Gegenübers. Das gab es noch nie.

Mit der Zeit kam Sebastian häufiger und war gern gesehener Gast bei meinem werten Herrn Kater. Nur eines durfte Sebastian nicht: Die Schwelle zum Schlafzimmer übertreten. Dann wurde Sebastian für Mogli zum Feind. Es wurde geknurrt und gefaucht. Blieb Sebastian davon unbeeindruckt, griff der Kater ihn an. Mehr als einmal machte der arme Mann schmerzhafte Bekanntschaft mit Moglis Krallen und Zähnen. Aber vertreiben ließ er sich nicht.

Das begriff auch Mogli irgendwann. Von der Sympathie, die er Sebastian anfangs gezollt hatte, war nicht mehr viel zu spüren. Es folgten regelrechte Machtkämpfe, bei denen nicht nur einmal Blut floss. Sebastians Blut wohlgemerkt. Und auch ich bekam mein Fett weg. Immerhin war ich für die Situation verantwortlich. Ich hatte einen männlichen Rivalen in unsere traute Zweisamkeit gelassen.

Uns war klar: so ging es nicht weiter. Also überlegten wir, was wir tun könnten. Denn der Kater gehörte zu mir. Von Sebastian wollte ich mich aber mittlerweile auch nicht mehr trennen. Um Sebastian in unseren Tagesablauf zu integrieren, gab ich ihm Aufgaben: Er füllte morgens die Futterschälchen, säuberte das Katzenklo, nahm sich Zeit für Spieleinheiten. So teilten wir die Betreuung des Katers auf und siehe da, es funktionierte. Es wurde ruhiger und mit der Zeit spielte sich alles ein.

Und ich? Ich freute mich natürlich über die Entwicklung. Aber unter uns: Es fiel mir nicht leicht, die Gunst meines kleinen Katers zu teilen. Immer wieder musste ich die aufkeimende Eifersucht runterschlucken.

Denn heute schläft Mogli ausgestreckt auf Sebastians Beinen. Mal folgt er mir, mal folgt er Sebastian. Und manchmal bleibt er auch einfach liegen. Die menschliche Stimmung überträgt sich immer noch leicht – allerdings verfügt Sebastian über eine enorme Ruhe und Gelassenheit, die sowohl auf mich als auch auf Mogli eine überaus positive Wirkung hat. Ist einer von uns Menschen krank, wird er katergerecht bewacht.

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